Orgelbau

22. April 2003

Projekt Versuchs- und Forschungsorgel (1999 - 2005)

Es wird im Eigenbau ein 3-manualiges Instrument entstehen, das vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten und beliebige Registriermöglichkeiten bieten wird.

Das Instrument dient zum Einen der Hausmusik im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten, dem Ueben und auch dem Solovortrag der Orgelmusik des 16. - 20. Jahrhunderts sowie Bearbeitungen von Orchesterwerken.

Zum Anderen, und das ist die Hauptmotiviation zum Bau, verwirklicht es neue Ideen im Orgelbau, da 50 Jahre lang dank Orgelbewegung nichts Neues mehr passierte. Dafür verstehen wir die Vergangenheit heute umso besser und können uns an Neues wagen.

Tonerzeugung

Holzpfeifen und Metallpfeifen. Die Pfeifen werden neu gebaut, da sich Gebrauchtpfeifen aus grossen Räumen meistens schlecht an eine "kleine" Akustik anpassen lassen

Traktur

signaltechnisch

Ventile

pro Pfeife ein Proportionalventil (volle Expressivität von kein Wind bis voller Wind)

Windladen

Reduzieren sich zu Windkanälen mit Pfeifenstöcken (Kastenlade/Unitlade), sorgfältige Schwimmerauslegung

Winddruck

40mm (nach italienischem Vorbild) für die Labialregister

60mm für die Zungenregister

Temperierung

für mitteleuropäische Ohren des 21. Jahrhunderts geeignet

Ansprechverhalten

pro Pfeife justierbar, auch mehrere Verhalten vom Spieltisch aus wählbar

Tondynamik

Vorläufertöne und andere Phänomene können bewusst gespielt werden (durch Begrenzung des Ventilganges)

Klaviatur

Manual I: 88 Tasten Pianotastatur mit Hammermechanik 1a Qualität

Manual II - IV: 61 Tasten Orgelklaviaturen Umfang von C - c4.

Pedal 30 Tasten "Double Touch". einfach geschweift

wählbares Anschlagverhalten der reaktiven Orgelklaviaturen wie Cembalo - Orgel einarmig - Orgel zweiarmig - progressiv

Druck/Lautstärke-Kopplung durch zusätzliche Kraftsensoren in den Orgelklaviaturen (auch für polyphonen "After Touche" brauchbar)

Aufnahme/Wiedergabe

Sämtliche Aktivitäten am Spieltisch lassen sich aufnehmen und wiedergeben

MIDI

Das Instrument erhält eine MIDI Schnittstelle und ist dadurch von z.B. 4 unabhängigen Klaviaturen aus spielbar. Die Orgel wird dadurch zum "Orchester"

Spieltisch

Ergonomisch gestaltet und flexibel. Beugt sich BDO und AGO, aber freut sich viel mehr auf ideale Einstellungen für extrem lange Beine oder Rücken, oder ganz kurze Beine und kurze Arme. Auf Rollen, zusammenklappbar, autonom ohne Kabel. Orgelsitzplatz ergonomisch realisiert. Kein Schwitzen im Sommer, keine Druckstellen nach 4h üben. Notenhalter genügend breit mit Ablage. Registrierung platzsparend und flexibel.

Werkprinzip

Da hier gilt, der Raum ist das Instrument, werden die Pfeifenreihen nach Gesichtspunkten der Tondynamik aufgeteilt. Ein Grossteil der Orgel muss "schwellbar" sein, damit Begleitaufgaben gut gelöst werden können und Ueben zu später Stunde möglich ist.

Wunschdisposition - Pfeifenreihen

Das Instrument wird nach einem gemässigten Multiplex-Prinzip gebaut. Tonlöcher lassen sich durch Respektieren von wenigen Grundregeln des Registrierens vermeiden. Der Aufbau in Pfeifenreihen, wie bei Theater- und Kinoorgeln üblich war, erlaubt das flexible Kreieren von Registern. Jeder Teilton ist als eigene Pfeifenreihe vorhanden, so dass Klangfarben wie Sesquialter, Larigot, Hörnlein etc nach Wunsch abgegriffen und als Register definiert werden können. (Klanglabor)

# Pfeifen

1C - 16'

C - 8'

c0 - 4'

c1 - 2'

c2 - 1'

c3 - 1/2'

c4 - 1/4'

c5 - 1/8'

c6 - 1/16'

c7

1

85

Bourdon 16' - 8' - 4' (Holz in Fichte, ab c2 Nussbaum)

2

85

Prinzipal 8' - 4' - 2' (-6 HT)

3

85

Italienisch Prinzipal 8' - 4' - 2' (Holz in Eiche)

4

61

Kleinprinzipal 2' - 1'

5

85

Flöte 8' - *Querflöte 4' - *Piccolo 2'

6

73

Rohrflöte 8' - 4'

7

85

Quinte (10 2/3') - 5 1/3' - 2 2/3' - 1 1/3'

8

85

Terz 3 1/5' - 1 3/5' - 4/5'

9

73

Septime 2 2/7' - 1 1/7'

10

73

None 1 7/9' - 8/9'

11

61

Gambe 8'

12

61

Voix céleste 8'

13

73

Trompete 8'-4' (volle Länge)

14

73

Dulzian 16' - 8' (volle Länge, Holzbecher Kirschbaum)

15

73

Fagott 16' - 8' (volle Länge C-H Holzbecher, ab c0 Metallbecher)

16

61

Krummhorn 8'

17

61

Quadratregal 8'

18

61

Apfelregal 8'

19

73

Trompetenregal 8'-4' (horizontal in Prospekt. C=260mm Becher)

20

73

°Klarinett(?) 8'-4' gewendete Zunge nach Zacharias. Holzbecher 1/4 Länge

21

61

^Harmonika 8'

Total

1'533 klingende Pfeifen

*überblasende Labiale mit 60mm WS

°Claviola Zungen und Bassharmonika Zungen gewendet. Winddrucksteuerung mit Tastendruck. Voll dynamische Druckregulierung von der Taste aus

^Original Harmonika Zungen mit separatem Drucksystem.

Wegen des niedrigen Winddruckes von 60mm WS (600 Pa) werden die Zungen z.B. bei der Trompete nur bis g3 realisiert werden. Von gs3 - c5 handelt es sich um Labialpfeifen.

Vielleicht erstaunt der hohe Anteil Zungenstimmen. Es gibt heute so viele wunderschön gebaute und intonierte Zungenregister, dass es schade wäre, auf diese zu verzichten.

Ausser Betracht fallen:

- Klarinette mit durchschlagenden Zungen, da diese mindestens 100mm WS benötigt und sehr schwierig zu stimmen ist.

- Oboe in Hausorgeln mit tiefem Winddruck ungeeignet

Dafür wird ein Register mit gewendeten Zungen nach Zacharias gebaut (siehe Klarinett). Dessen Tonhöhe bestimmt sich durch den Resonator und nicht nur durch die Zungenlänge (in einem bestimmten Rahmen)

Bei den Zungenstimmen werden bewusst Grundregister und Farbregister realisiert. Dies um Dialoge in Orchesterwerken zu schaffen und um das Continuospiel von Blasinstrumenten und Streichern zu erleichtern. Oder wie wär's mit der Raphsody in Blue von George Gershwin?

Ob dann wirklich eine 10 2/3' Quinte gebaut wird, wird sich weisen. Die grossen Pfeifen kommen sowieso in die Dachschräge zu hängen, also kann die grosse Oktave allenfalls auch nachträglich gebaut werden. Dem akustischen 32' steht dann nichts mehr im Wege. Der Fairness halber muss aber gesagt werden, dass ein Studio-Subwoofer bis 32 Hz hinunter mit wenig Kostenfolgen ausgezeichnete Resultate bringt, zumal tiefe Töne sich räumlich nicht mehr orten lassen.

Septimen und Nonen werde heute eigentlich nicht mehr gebaut, sollen aber im Sinne des vollständigen Klanglabors nicht fehlen. Helmut Bornefeld lässt. grüssen: (Nonenkornet 2 2/3', Larigot 1 1/3' + 1', Hörnlein 1 1/7' + 16/19', Terznone 1 3/5' + 8/9', Glöckleinton 2' + 1', ...)

(Noch) nicht berücksichtigt: Quintatön, Viola, Waldflöte, ...

Details zu den Registern:

1) Mensur Bourdon mittel C=120mm, Grosse Oktave mit 60mm WS. Darüber mit 45mm WS

Erlaubt ist was gefällt

Marimba - Glockenspiel (Röhrenglocken mit wählbarer Dämpfung) - Gong - Schlagzeug - Klavier - Saxophon - Akkordeon?

Tonlöcher

...verdienen trotz vielen Pfeifenreihen einen eigenen Abschnitt. Wie wäre es, die eigene Orgel zu Sampeln und beim Spielen die fehlenden Pfeifen per Studiolautsprecher im Instrument polyphon und ortungsrichtig beizumischen? Beim aktuellen Stand der Technik vermutlich eine valable Ergänzung. Die Erfahrung wird es zeigen. Wichtig ist, dass es sich bei den gesampelten Tönen um die eigenen Pfeifen handelt. Benützt man Fremdsamples landet man bei einer Kombinationsorgel im bekannten Stil der elektronischen Orgeln mit Pfeifenerweiterung.

Haben Sie Erfahrungen mit ähnlichen Dispositionen?

Wenn ja, dann würde mich eine kurze Meldung an dani@debrunner.com erfreuen. Vielen Dank!

Projektplanung

Da dieses Projekt zu einem guten Teil Freizeitbeschäftigung ist, dauert alles etwas länger...

Jahr

Haupttätigkeiten

Ergebnisse

1997

Holzbeschaffung (5 m3 Eiche aus dem Wald vor der Haustüre)

Eichenstämmel;mmel;mme

1998

Zieldefinition, Literaturbeschaffung, Holzeinschnitt, Holzlageraufbau

1999

Entwickeln Proportionalpfeifenventil, Versuche, Holzpfeifenherstellung überdenken

2000

Entwickeln der Steuerungssoftware

2001

Erste Pfeifen bauen

2002

1. Werk spielbar machen mit 4 Pfeifenreihen (1,2,13,14) und Windversorgung

Bourdon 16' Ready to go

2003

Proportionalventil mit allem Drumrum entwickeln

2004

Gehäuse- und Spieltischbau, weitere Register bauen, "Erlaubte Dinge"

2005

Einweihung des aktuellen Standes

2006

.... und beliebige Weiterbauarbeiten